18.02.2019 von Anna Froelicher

Vorhören: Sim Hutchins’ «Druk Pak»

Mit dem zweiten Teil der Decouple ][ Serie liefert das in Florenz ansässige Label OOH-sounds abermals ein Stück Split-Vinyl für die neugierigen Trommelfelle. Dieses Mal sind es die beiden Briten Sim Hutchins und Dale Cornish, die sich die Veröffentlichung teilen. Wir präsentieren an dieser Stelle exklusiv den Track von ersterem, «Druk Pak».

Die eine oder andere dürfte bereits bei der ersten Ausgabe der Decouple ][ hellhörig geworden sein, die vor ein paar Monaten veröffentlicht wurde und zum Beispiel hier ausführlich besprochen wurde. Auf der Platte teilten sich das New Yorker Duo Georgia und das Duo Bellows aus Milano jeweils eine Seite. Ihr vielschichtiger und teils aufgeregter Sound verkörpert unmittelbar, was sich das OOH-sounds Label mit der neuen Serie auf die Fahne geschrieben hat: Eine Plattform für Musikerinnen und Künstler schaffen, die sich an den Rändern elektronischer Komposition bewegen und auf ihre jeweilige Art und Weise die Ecken und Kanten der medial gesättigten, digitalen Gegenwart ausloten. Zunehmende Komplexität und Abhängigkeit vs. Unabhängigkeit sowie daraus entstehende Misskommunikation sind zentrale Themen der Reihe.

Im Bereich des Software Engineering beschreibt «Decoupling» (Entkoppelung) den Vorgang, zwei eigentlich zusammenarbeitender Komponenten voneinander weitestgehend unabhängig zu machen. Unabhängigkeit ist in diesem Falle erwünscht, weil die Komponenten so aus ihrem Kontext gelöst und einfacher auch für andere Zwecke benutzt werden können. Normalerweise ist es aber nicht möglich, die Komponenten komplett von einander zu lösen, ein Rest Abhängigkeit bleibt immer.[1]

Auch mit der zweiten der sechs geplanten Ausgaben der Decouple ][ Serie wird diese Programmatik fortgeführt. Wieder werden zwei verschiedene Produzenten – diesmal die beiden Briten Sim Hutchins und Dale Cornish – unabhängig voneinander in Beziehung gesetzt. Deren Zusammenspiel oder eben (Ent-)Koppelung entsteht nun längst nicht nur deswegen, weil sie auf derselben Split-Vinyl erscheinen. Einmal mehr zeigt sich (ob man will oder nicht), was für eine Rolle Kuration heutzutage spielen kann. Die beiden von Hutchins und Cornish produzierten Tracks entwickeln insbesondere in ihrem Kontrast zueinander nochmal eine besondere, ansteckende Energie.

 

Sim Hutchins hat mit seiner Debut LP I Enjoy To Sweep A Room (No Pain in Pop, 2015) und dem im letzten Jahr erschienen Album Clubeighteen2thirty (Local Action, 2018) bereits ausführlich bewiesen, dass (seine) Musik kein Genre braucht, um wiedererkennbar zu sein. Der aus Essex (UK) stammende audiovisuelle Künstler und Produzent hat sich mit seinen Veröffentlichungen einen ganz eigenen Platz irgendwo zwischen den, wie er es selbst beschreibt, «Drones von William Basinksis Disintegration Loops, den kosmischen Synths von Hieroglyphic Being und Jandeks Hang zu atonalen Experimenten» eingeräumt.

Hutchins schafft es sowohl mit seiner Musik als auch seinen visuellen Arbeiten auf unabgelutschte und trotzdem sehr «britische» Weise zusammen zu bringen, was vermeintlich nicht zusammen gehört: Witz und Ernsthaftigkeit, Zugänglichkeit und Experimentierfreude, Zuversicht und tiefe Nostalgie. Dabei befördert der Lo-Fi-Equipment-affine Hutchins vielleicht auch vielmehr nur an die Oberfläche, was eh schon längst und noch gar nie ohne einander existieren konnte. Wird da etwa das Entkoppelte wieder zusammengebracht? Oder zerrt Hutchins das Gekoppelte wieder auseinander? Ach egal, das Resultat überzeugt durch und durch.

Wir haben das Glück, hier Sim Hutchins Beitrag zur Decouple ][ Serie vorab zu präsentieren. Jenen, die englisch verstehen, ist zudem das Q&A mit Hutchins empfohlen – man darf sich dort neben seiner Musik, auch am treffsicheren Humor des Produzenten erfreuen.

 

Dale Cornish / Sim Hutchins – Decouple ][ Series erscheint bei OOH-sounds und ist ab dem 22. Februar 2019 erhältlich.

 

[1] Beschreibung von «D e c o u p l i n g» via der ersten Veröffentlichung der Decouple ][ Serie.