28.07.2015 von Marc Schwegler, Judith Blum

M.E.S.H.: Raum für Heimatloses

James Whipple alias M.E.S.H. ist Teil einer eng mit der Kunstwelt und ihren Netzwerken verbandelten Musik- und Klubszene, die Trouvaillien aus der unerschöpflichen Vielfalt von Mikrogenres und Ministrömungen im Netz kombiniert und verarbeitet. Diese hyperwachsame Aneignungs- und Verwertungsarbeit paart sich mit einer von Insignien und Abfallprodukten des globalen Kapitalismus geprägten Ästhetik. Gleichzeitig befeuert und befragt sie einen Trendzyklus, dessen Angelpunkte Whipple auf dem Cover von Lotics Mixtape Damsel in Distress unlängst gleich selbst mit den Begriffen «Hype, Hate, Copy» versah. Mit Lotic und weiteren Mitstreitern etablierte Whipple abseits der in seiner Wahlheimat Berlin immer noch dominierenden Technoszene auch die Klubreihe Janus. Die mittlerweile wieder eingestellte Reihe mit Gästen wie Teengirl Fantasy, Total Freedom, Fatima Al Qadiri und Co., erhielt einiges an Aufmerksamkeit. Die Macher wurden unter anderem mit einem ausführlichen Interview im Kunst- und Modemagazin 032c bedacht und im letzten Herbst adelten Janus Abende im Berghain und am Unsound die Reihe dann auch noch post mortem.

Die erwähnte Vielfalt an unterschiedlichen Stilen und Referenzen, die auch M.E.S.H.s DJ-Sets prägt, findet sich in abstrahierter Form – nach diversen Remixes und Releases auf Dyssembler und Black Ocean – nun auch auf seinem Debut für Bill Kouligas’ Label PAN. Die EP Scythians vereint Elemente von Hardstyle, Jersey Club und Grime zu synthetischen Gesamtkonstrukten, deren subtiler und ausgefeilter Charakter sich von den Produktionen ähnlich gelagerter Künstler unterscheidet, wo oft Minimalismus und Funktionalität vorherrschen. Die in düsterer Grundstimmung zusammengeschmiedeten Tracks wirken in ihrer Gesamtheit atmosphärisch dicht und kohärent. Ihre Titel scheinen zudem den darin vermengten Einflüssen aus marginalen oder marginalisierten Stilen eine nomadisch-antiimperialistische Qualität zuzuordnen   – man ist versucht, auch darin einen roten Faden auszumachen. Im Interview, das Marc Schwegler mit dem Künstler in Zürich geführt hat, als dieser mit einem DJ-Set in der Longstreet Bar gastierte, war ihm dazu allerdings partout nichts zu entlocken – dafür ging es um Fragen von Raum und Selbstorganisation. Fotografiert hat Judith Blum.

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Marc Schwegler Würdest du dich als Musiker, als Produzent oder als DJ bezeichnen? Haben diese Bezeichnungen überhaupt irgendeine Bedeutung für das, was du machst?

James Whipple Ich würde mich definitiv nicht als Musiker bezeichnen, denn ich spiele kein Instrument. Ich habe nur, als ich etwa 14 Jahre alt war, Bass gespielt. Das Passendste ist definitiv Producer – ich habe produziert lange bevor ich mit DJing anfing. Wenn ich auflege, spiele ich viele eigene Sachen oder Edits und die Art, wie ich mixe, ist auch etwas anders – aber es ist immer noch am einfachsten, das unter DJing einzuordnen. Ich investiere aber auf jeden Fall mehr Zeit ins Produzieren als ins DJing.

MS Welche Musikstile interessieren dich als DJ?

JW Ich kann mich da nicht auf nur eine Stilrichtung festlegen und mit dem entsprechenden Output glücklich sein. Wenn ich nach Musik suche, die ich spielen möchte, suche ich immer nach gewissen spezifischen Qualitäten, die aber unabhängig von einem Genre funktionieren. Ich suche dann beispielsweise nach Tracks mit prägnanter Perkussion – das kann Techno oder Rap oder was auch immer sein. Mich interessiert in erster Linie die Art und Weise, wie das Ganze produziert wurde – und nicht unbedingt die damit verbundenen Szenen oder ähnliche Zusammenhänge. Da sind andere Krite­rien wichtiger.

MS Der Titel eines Interviews mit dir und den anderen Machern der Berliner Klubnacht Janus im Kunst- und Modemagazin 032c lautete «Searching for a sound that doesn’t exist»…

JW Ja, genau. So ist meine letzte EP auf PAN zwar nicht unbedingt einheitlich, was beispielsweise die Rhythmik der Tracks angeht, aber dennoch hoffe ich, dass es da Zusammenhänge gibt was die Soundpalette, die Tonalität oder die räumlichen Aspekte des Ganzen angeht. Jedes Mal, wenn ich mit einem neuen Track anfange, starte ich von neuem. Ich kann mich nicht dazu durchringen, mehrere Tracks in der gleichen Art und Weise zu machen. Ich suche einen Sound, der mir gefällt und schaue, wohin mich das bringt. Ich bin nicht die Sorte Produzent, die sich sagt: «Ach, ich mache jetzt diese Klub-Platte, die soll so und so klingen.» Ich wünschte, ich könnte das! Ich fühl mich eher wie ein Baby wenn ich etwas anfange. Das klingt vielleicht hochtrabend – aber ich muss mich wirklich jedes Mal aufs Neue darauf einlassen und mich durch die Sounds führen lassen. mesh-rest_2_sw

MS Wie würdest du denn deine Art zu produzieren beschreiben: Handelt es sich um eine Form von Komposition, sind die Tracks Montagen oder haben sie in erster Linie collagenartigen Charakter?

JW Sie sind definitiv Collagen. Ich denke viel über räumliche Aspekte der Tracks nach. Oft beginne ich einen Track auch nicht unbedingt mit seinen Kernelementen, ich fange mit einem Teil an, indem ich versuche, die richtigen Field Recordings dafür reinzumischen, den passenden Reverb zu finden – um damit eine Art Situation für diesen Track zu definieren. Die Drums können sich im Verlaufe der Stunden, in denen ich dann weiter daran arbeite, laufend verändern und sich in eine komplett andere Richtung entwickeln – sie sind aber immer noch Teil dieser ursprünglichen Szenerie, dieser Atmosphäre.

MS Denkst du dabei darüber nach, wie und wo die Tracks gespielt werden sollen?

JW Ja, klar. Aber da ist natürlich vor allem zuerst eine praktische Seite, was meine Art und Weise zu produzieren angeht: Ich bin oft unterwegs und habe selten ein ideales Setting für die Produktion. Im Moment arbeite ich mit Kopfhörern. Mit der Janus-Reihe hatten wir aber diese Residenz im Chesters in Berlin. Also habe ich Tracks speziell für das dortige Soundsystem produziert, weil ich jeweils früher da sein und sie darauf testen konnte. Das dortige Soundsystem und wie es eingestellt war, hat also definitiv die Art und Weise, wie ich produziere, beeinflusst. fav_mesh_1_sw

MS Meinst du, dass es da generell einen Zusammenhang gibt?

JW Definitiv. Speziell auch in meinem Fall. Ich komme aus einer Musik-Kultur, in der high-end Audio Equipment im Klub nicht wirklich ein Thema ist. Ich bin zum Beispiel in New York zur Schule gegangen und viele von den Partys an die ich ging, haben in Wohnungen oder Hinterzimmern von Bars stattgefunden. Die Aufmerksamkeit galt dabei nicht dem guten Klang. Jetzt lebe ich in Berlin, wo es seit den Neunziger Jahren Klubs gibt, die viel in die Infrastruktur investiert haben – weil das wohl auch zum Teil den Erwartungen der Leute entsprochen hat. Das hat die Art und Weise, wie ich Musik höre, sehr verändert. Ich war es gewohnt, Klub-Musik eher hypothetisch zu hören – auf den Kopfhörern im Zug zum Beispiel. Aber nun lebe ich in einer Stadt, in der man aus dem Haus und in den nächstbesten mittelmässigen Klub gehen kann, und nur schon da klingt der Sound einfach gut… Natürlich sind nicht alle Klubs so, aber nur schon in einem solchen Umfeld zu leben und zu wissen, wie solche Systeme klingen können, fordert einen dazu auf, damit zu arbeiten. Man fängt an, vermehrt in Texturen zu denken, versucht entsprechend zu produzieren.

MS Dan deNorch, einer der Mitbegründer der Janus-Reihe, meinte im bereits erwähnten 032c-Interview, dass es im Moment eine Menge Klubmusik gebe, die heimatlos sei. Producer und DJs, die nicht eine Residency in einem Klub hätten, würden Tracks produzieren, die eher theoretisch dazu gedacht seien, dass Leute vielleicht dazu tanzen könnten.

JW Ja, das kommt davon, dass es eine Menge Leute gibt, die an irgendwelchen Orten – beispielsweise in ihrem Elternhaus irgendwo in der englischen Provinz – Musik produzieren. Die sind nicht unbedingt mit einer Grossstadt-Szene verknüpft, mit der sie interagieren könnten. Damit entstehen verschiedenste Mikro-Genres von Tanzmusik, die dann auf Internetforen oder You­Tube-Channels auftauchen. Im Moment gibt es beispielsweise unzählige, extrem fokussierte Gruppen auf Facebook, deren Mitglieder nebulösen Kriterien folgend Dinge posten. Da ist ein hypothetisches Element und somit also auch nicht zwangsläufig eine entsprechende Szene, die sich dann wiederum in entsprechenden Labels kulminiert – sondern die Leute finden sich eher online.

MS Sind dank diesem eher virtuellen, hypothetischen Charakter von Tanzmusik auch neue Dinge möglich geworden? Oder anders: Kommt es damit vermehrt zu Experimenten?

JW Ich finde es sehr interessant, was im Moment passiert. Wenn man sich beispielsweise die aktuelle Instrumental-Grime-Welle anschaut: Formal gesehen hat vieles davon einen experimentellen Charakter. Es scheint, als gäbe es da auch einen entsprechenden Appetit darauf. Aber das geschieht trotz des Hypes in den Musikmagazinen doch auch in sehr kleinen Dimensionen. Dennoch: Wenn abenteuerlustige Formen ein Kriterium für experimentelle Klubmusik sind, dann sind die Sachen sicher als solche zu bezeichnen. Wenn man sich zum Beispiel Mumdance anhört: Obwohl die Tracks alle sehr gut produziert sind, sich zum Mixen eignen und Spass machen beim Auflegen, sie haben trotzdem eine andere, interne Logik, einen experimentellen Twist. Es wird also plötzlich schwierig, die Dinge einfach in tradierte Schubladen zu stecken.

MS Auf jeden Fall. Aber haben diese Tracks dann tatsächlich auch einen Impact im Klub? Hört man sie da dann auch tatsächlich?

JW Das ist die grosse Frage. Und diesbezüglich war ja das Ausmass an Presse, das wir für unsere Janus-Reihe in Berlin erhalten haben, schon erstaunlich. Vor allem am Anfang haben wir ja komplett ausserhalb der tradierten Klubs gearbeitet. Gegen diese gigantische Industrie, die jedes Jahr Millionen von Euros generiert, kommt man gar nicht an. Selbst wenn wir Presse bekommen haben, bleibt das trotzdem ein Tropfen auf den heissen Stein. Die ganzen Leute, die Berlin am Wochenende besuchen, werden sich wohl eher nicht an unsere Partys verirren. Natürlich, ein paar schon, aber trotzdem. Wie bei so vielen Dingen ist auch bei uns ein grosses Selbstvertrauen dabei: Man glaubt an sich und seine Freunde und das generiert ein Anfangsmoment. Es ist also schwierig zu sagen, ob das Ganze dann einen grösseren Einfluss entfaltet.

MS Die Trennungen zwischen Underground und Mainstream, zwischen Entertainment und Experiment, zwischen Pop und Kunst scheinen zwar immer weniger gültig zu sein, trotzdem bleiben die entsprechenden Räume doch oft noch klar unterscheidbar. Zunehmend wird es aber möglich, diese Räume miteinander zu vernähen. Würdest du dem zustimmen?

JW Ich bin aufgewachsen, ohne wirklich Teil einer Tanzmusik-Kultur zu sein – ich war nicht Teil einer Techno- oder House-Szene. In den Staaten werden in vielen Klubs die Top40 gespielt – Hip Hop, R’n’B. Für mich als DJ ist das die Standardeinstellung: Das ist nicht zwangsläufig populistisch, sondern ein funktionaler Approach an eine Party. Ich persönlich denke nicht wirklich bewusst darüber nach, wie man eher populäre Musik mit experimentelleren Dingen zusammenbringen könnte. Ich mag einfach beides. Es gibt ja inzwischen jede Menge eklektischer DJs, die viele verschiedene Stile mixen und ich glaube nicht unbedingt, dass das eine gute Sache sein muss oder eine neue Entwicklung wäre. Es kommt sehr darauf an, welchen jeweiligen Approach die Leute verfolgen.

MS Führen denn die neuen Sounds und Technologien bei den DJs nicht auch zu veränderten Praktiken?

JW Naja, in Bezug auf die Technologien glaub ich schon. Vor etwa fünf Jahren, als Traktor und Serato begannen sich auf dem Markt zu etablieren, kamen die Leute mit all diesen Controllern an. Jetzt werden die Pioneer CDJ 2000 ja immer mehr zum Industriestandard. Die können alles, was Traktor und Co. können, aber es geht um einiges einfacher. Für mich persönlich war das eine grosse Erleichterung: Es wird viel einfacher, rumzuspielen und auszuprobieren. Ich bin so oder so nicht wirklich avanciert, was die technische Seite des DJing angeht. Ich mache oft jede Menge Blödsinn mit den CDJs, was dann manchmal interessant klingt [lacht]. Es ist halt echt supereasy, damit diese Mikrosekunden-Loops zu machen, auf Filter und Effekte zuzugreifen – es erweitert halt die Möglichkeiten.

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MS Was ist für dich ein adäquates Setting, um heutzutage Musik zu präsentieren? Gibt es in deiner Vorstellung eine ideale Art von Raum oder Setting? JW: Wir haben im Chesters in Berlin unsere Janus-Reihe durchgeführt. Das Chesters eröffnete in den Neunzigern als Kitkatclub und hatte seither verschiedene Leben. Wir fühlten uns irgendwie von der dortigen Klub-Architektur angesprochen. Es gibt da beispielsweise dieses pompöse DJ-Booth, wo man über ein kleines Treppchen hochsteigt und über der Crowd steht. Auf der anderen Seite gibt es einen Darkroom mit einem plattformartigen Balkon… Die Architektur wirkt wie pervertiert. Wenn man einen guten Raum für eine Party hat, kann das alles absolut prägen; oder wenn man jemanden hat, der sich wirklich mit Inbrunst um den Sound kümmert. Das ist alles wichtig. Ich denke aber auch in anderer Hinsicht im Moment viel über Raum nach, da ich an einer Installation für die Hamburger Kunsthalle mitarbeite. Ich adaptiere den Titeltrack der EP für diese Installation – das ist eine Premiere für mich, ich hab vorher noch nie eine Multichannel-Soundinstallation gemacht. Fragen von Raum sind also in mehrerlei Hinsicht für mich gerade sehr wichtig.

MS Der Klub interessiert dich also immer noch, obwohl du auch mit installativen Arbeiten anfängst?

JW Ich verstehe durchaus, dass gewisse Leute vom Klub gelangweilt sind. Ich bin es aber noch nicht. Ich mag es auszugehen, Leute zu treffen, die ich kenne, in einem interessanten Raum zu sein. Ich mag die Dramaturgie des Klubs, die Türpolitik, die Eingangssituation, die Theatralik des Ganzen. Es ist cool, wenn Klubs unprätentiös sind, sie aber gleichzeitig auch sehr durchdacht funktionieren und damit die Wahrnehmung dessen, was da geschieht, formen. Das ist interessant. Vielleicht bin ich irgendwann davon gelangweilt und mache nur noch Soundskulpturen an Stränden oder so was [lacht].

MS Du hast mal gesagt, du hättest eine sehr faule, neurotische Art und Weise zu arbeiten…

JW Ich habe einfach eine sehr widersprüchliche, wechselhafte Persönlichkeit. Ich verbringe mehr Zeit damit über Dinge nachzudenken, als wirklich zu arbeiten. Ich mache viele unterschiedliche Versionen; nehme vieles auf, staple dann diese Aufnahmen, und versuch sie wieder abzutragen. Meine Art zu arbeiten ist jede Menge Durcheinander zu generieren und das dann zu fermentieren. Mein Arbeitsprozess ist sehr chaotisch, sprunghaft.

MS Verspürst du einen Druck, das zu ändern?

JW Hm. Naja, da gibt es doch diese Blogs, die einem beibringen, wie man sein Leben organisieren soll. Lifehacker und Co. Ich habe Design studiert und bringe damit den entsprechenden Mindset mit; wie ein Freelance-Programmierer zu arbeiten. Wenn man produziert, sitzt man in seiner Wohnung und arbeitet mit Software, man hat also ähnliche Routinen und Angewohnheiten wie diese Programmierer. Manchmal, wenn ich frustriert bin, denke ich mir dann: «Ok, ich brauche eine neue To-Do-List-App». Und dann verbring ich vier Stunden damit, nach To-Do-List-Apps zu suchen. Das bringt aber nichts. Ich respektiere Leute, die über Selbstdisziplin verfügen.

MS Siehst du diese sprunghafte, chaotische Art auch als eine Qualität?

JW Ich glaube, gewisse Dinge wurden uns einprogrammiert und die kann man nicht wirklich ändern.

MS Stimmt. Diese Apps haben für mich persönlich auch nie wirklich funktioniert…

JW Ja, obwohl es davon jede Menge gibt. Getting Things Done ist eine der bekannteren, oder dieses Buch von Tim Ferriss, The 4-Hour Work Week. Das ist so eine Online- Bewegung von autistischen Libertären, bei der man nur vier Stunden pro Wochen arbeitet und sich eine persönliche Sekretärin auf den Philippinen besorgt, die für einen die Telefonanrufe entgegennimmt, während man selbst in den Ferien auf Bali ist. Diesen ganzen Scheiss find ich einfach lustig. Nur schon dass es Leute gibt, die für diese ganzen verrückten kleinen Pläne in ihrem Leben die Autonomie haben… Das kommt wahrscheinlich durchs Freelancen. Es ist ja vielleicht dumm in einem Musik-Interview über Business-Praktiken zu labern, aber es gibt nicht viel Interessanteres, als wie die Leute ihr Leben organisieren. Anderseits ist es ja auch nicht ohne, den Tag vor sich zu haben, und damit etwas machen zu müssen.

MS Produktivität ist ja inzwischen ein zentrales Paradigma unserer Gesellschaft. Mit der heutigen Technologie die zur Selbst-Optimierung anhält, verstärkt sich dieser Zwang zur Produktivität noch mehr. Ich frage mich manchmal, ob es da vielleicht nicht noch einen anderen Approach gäbe, ob vielleicht nicht auch eine Qualität drin bestehen könnte, dass nicht alles optimiert sein muss…

JW Für die letzte EP habe ich drei Tracks in einem Tag gemacht. Für den Titeltrack wiederum habe ich vier Monate gebraucht. Entweder ich krieg es hin, die Dinge innerhalb weniger Tage fertig zu machen oder ich brauche ewig. Für meinen jüngsten Track hatte ich beispielsweise endlich etwas Zeit in einem Studio – und da hab ich dann Mixdown nach Mixdown gemacht, versucht alles sauber hinzukriegen, die Sounds räumlich optimal zu situieren… Entweder ich bin hyperfokussiert oder ich mache es ein einziges Mal und wenn’s nicht funktioniert, schmeiss ich’s halt weg. So wechsle ich hin und her zwischen diesen beiden Approaches. Zwischen Autismus und Faulheit, quasi…